Montag, 18. März 2013

Matildas Erfindungen - Erika Pluhar

Dieses Buch fand ich vor kurzem in einer Bücherkiste auf dem Flohmarkt. Ich kaufte es ohne großartig reinzulesen, einfach deswegen, weil ich bereits einige Bücher von Erika Pluhar gelesen habe und ihren Erzählstil sehr schätze.

Beim Lesen der ersten Seiten war ich, zugegebenermaßen, etwas irritiert, denn die Geschichte beginnt doch sehr grotesk. Meine anfänglichen Bedenken lösten sich aber schnell auf, denn die Erzählung ist unglaublich spannend.

Matilda, die Protagonistin, ist eine junge Frau von zweiunddreißig Jahren, die sich immer wieder in ihre flimmernde, bunte Phantasiewelt flüchtet. In ihrer Welt werden die Regenschirme der Passanten zu Wasserrosen, das Stiegenhaus wird zu einem Vogelkäfig in dem kleine, violette Vögel fliegen und auf dem Kopf ihrer Mutter sieht sie einen Haselstrauch wachsen. Ihr Ehemann Anton hat so seine Not, mit diesen Traumwelten zurecht zu kommen. Er möchte, dass sie in seiner Realität, dem wirklichen Leben, lebt. Er vertraut sie dem Psychotherapeuten Dr. Schrobacher an, in der Hoffnung, dass es diesem gelingt, Matilda in seine Welt zu holen. Doch auch Dr. Schrobacher scheitert an dieser Aufgabe. Denn Matilda möchte sich nicht helfen lassen. Im Laufe der Geschichte erfahren wir auch, warum sich Matilda in ihre Traumwelt zurückzieht und die Wirklichkeit ausklammert.

Anton verzweifelt immer mehr an der Situation und fühlt sich in seiner Realität verlassen. Schmerzhaft spüren beide, dass ihre Ehe, ihr Zusammenleben immer fragiler wird und nur mehr durch die Erotik zusammengehalten wird. Dr. Schrobacher hingegen gerät immer mehr in den Bann seiner Patientin, ihrer dreisten Offenheit, ihrer Erotik und ihrer Phantasien.

Natürlich lässt die Autorin nicht zu, dass sich hier eine simple Dreiecksgeschichte entwickelt. Sie bringt Pauline ins Spiel. Pauline ist eine Nachbarin von Matilda, Schriftstellerin, und wie sich herausstellt, die Exfreundin von Dr. Schrobacher. Matilda freundet sich mir ihr an und in dem nun folgenden Strudel von Ereignissen prallen Phantasie und Wirklichkeit, Wahn und blutrote Energie aufeinander.

Erika Pluhar schrieb hier die Geschichte einer Frau, die von der, von ihr so lange verdrängten, Realität überrollt wird und sich ihr nun stellen muss. Es ist eine Geschichte über weibliche und männliche Abhängigkeiten, seelische Abgründe und ungeheilte Verletzungen, Aufbruch und Selbstbestimmung und über die Frage, wieviel Phantasie die Realität verträgt.

Wenn man seine Bedenken wegen der anfänglich doch merkwürdig erscheinenden Erfindungen von Matilda zur Seite legt, bekommt man einen überraschenden, absolut lesenswerten Roman zu lesen, der dazu anregt, der Phantasie wieder mehr Raum in unserem Alltag zu geben. 

Matildas Erfindungen ist ein sehr früher Roman der Autorin, er erschien bereits 1999.



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